Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Schmerzen nach dem Geschlechtsverkehr

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Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sollten kein Tabu-Thema sein.

Der Begriff Dyspareunie stammt aus dem Griechischen und bedeutet "falscher Bettgenosse". Die Medizin hat sich diesen Begriff entliehen und verwendet ihn für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, häufig bei der vaginalen Penetration. Davon betroffen sind meist Frauen – die sich aber leider oft nicht trauen, ihre Beschwerden offen anzusprechen. Nicht selten leiden Betroffene lieber still oder vermeiden es einfach, Sex zu haben.

In vielen Fällen lohnt es sich allerdings durchaus, das Problem offen anzugehen und nach dem Grund für die Beschwerden zu suchen. So kommt etwa eine Vielzahl von körperlichen Ursachen als Schmerzauslöser infrage. Dazu zählen beispielsweise eine veränderte Gebärmutterlage, Narben und Verwachsungen der Geschlechtsorgane oder Vaginismus (Scheidenkrämpfe). Häufig ist auch eine mangelhafte Befeuchtung der Scheide, z. B. aufgrund eines Östrogenmangels nach den Wechseljahren. Manchmal steckt hinter Schmerzen wegen einer zu trockenen Scheide schlicht eine mangelnde sexuelle Erregung. Auch dann sollten Frauen den Grund nicht nur bei sich suchen, sondern das Thema offen beim Partner ansprechen. Viele Vorstellungen von Sexualität orientieren sich auch heute noch stark an männlichen Bedürfnissen und sind für Frauen nicht immer erfüllend.

Sind körperliche Ursachen ausgeschlossen, hilft vielen Betroffenen eine psychologische Aufarbeitung ihrer Probleme. Denn auch vorausgegangene schlechte Erfahrungen, Ängste, Stress oder sehr ernste Vorfälle wie Missbrauch können sich durch körperliche Beschwerden ausdrücken. Andere Betroffene setzen sich zu sehr unter Druck oder leiden unter Selbstzweifeln.

Übrigens: Oftmals verstärkt Geschlechtsverkehr die Beschwerden lediglich und macht zugrunde liegende Erkrankungen spür- und sichtbar. Dies trifft auf die meisten Erkrankungen zu, die mit Jucken und Schmerzen im Genitalbereich verbunden sind, z. B. Entzündungen und Infektionen von Scheide und äußerem Genitalbereich oder schmerzhafte Erkrankungen von Blase und Harnröhre.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Schmerzen, Jucken und/oder Brennen beim Geschlechtsverkehr; evtl. auch Schmerzen beim Wasserlassen; häufig klarer oder milchiger Ausfluss; manchmal Rötung und/oder Schwellung des äußeren Genitalbereichs; evtl. kleine Wunden und Geschwüre

Ursache:

Entzündung von Haut und Schleimhaut, z. B. durch

  • übertriebene Intimhygiene, ungeeignete Seifen
  • mangelhafte Intimhygiene
  • Harninkontinenz
  • zu enge oder luftundurchlässige Wäsche
  • Kontaktallergie, z. B. auf Intimsprays, parfümierte Binden, Toilettenpapier, Badezusätze, Kondome etc.
  • Östrogenmangel in und nach den Wechseljahren (Östrogenmangel-Kolpitis)
  • beginnenden Herpes genitalis (Genitalherpes)

Maßnahmen:

  • In den nächsten Wochen zur Frauenärzt*in, wenn Juckreiz oder Schmerzen trotz Gegenmaßnahmen anhalten
  • Bei möglicher Ansteckung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr am selben Tag

Selbsthilfe:

  • Genitalbereich mit milchsäurehaltigen Waschlotionen reinigen
  • Auf übertriebene Intimhygiene, Intimsprays, Scheidenspülungen, parfümierte Binden verzichten
  • Luftdurchlässige, kochfeste Unterwäsche tragen
  • Sitzbäder mit Kamille (z. B. Kamillosan®)

Starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, verbunden mit Rötungen und Schwellungen im Genitalbereich; Schmerzen oft schon bei bloßer Berührung

Ursache:

Bakterielle Entzündungen, z. B.

Maßnahmen:

  • In den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis oder zur Frauenärzt*in
  • Wenn die Schmerzen auch nach Stunden nicht nachlassen, am selben Tag

Jucken und brennende Schmerzen beim Geschlechtsverkehr mit gruppierten Bläschen im Genitalbereich; Abgeschlagenheit, evtl. Fieber

Ursache:

Maßnahme:

  • Am nächsten Tag zur Frauenärzt*in

Warnhinweise:

  • Kein Sex bis zur Diagnosestellung
  • Zur Vermeidung erneuter Ansteckung Kondome benutzen

Scheuernde Schmerzen beim Geschlechtsverkehr mit weißem, cremigen bis bröckeligen Ausfluss

Ursache:

Maßnahme:

  • Am nächsten Tag zur Frauenärzt*in

Selbsthilfe:

  • Genitalbereich mit milchsäurehaltigen Waschlotionen reinigen
  • Luftdurchlässige, kochfeste Unterwäsche tragen
  • Vaginalpräparate (z. B. Eubiolac Verla®, Vagiflor®)

Juckreiz und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr mit gelb-grünlichem oder grauem, oft übelriechendem Ausfluss

Ursachen:

Maßnahme:

  • Am nächsten Tag zur Frauenärzt*in

Warnhinweise:

  • Kein Sex bis zur Diagnosestellung
  • Zur Vermeidung erneuter Ansteckung Kondome benutzen

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und beim Wasserlassen mit vermehrtem Harndrang; evtl. bohrender oder krampfartiger Dauerschmerz oberhalb des Schambeins

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Am selben Tag in die Hausarztpraxis bei Fieber oder Flankenschmerzen
  • Sonst am nächsten Tag

Starke, brennende Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Wasserlassen; Schmerzen oft schon bei bloßer Berührung des Genitalbereichs; Einführen von Tampons oft unmöglich

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Frauenärzt*in

Selbsthilfe:

  • Entspannungsverfahren
  • Beckenbodentraining

Schmerzhafte Verkrampfung der Scheide beim Geschlechtsverkehr; Verkrampfung oft schon bei bloßer Berührung der Scheide; Einführen von Tampons unmöglich

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Frauenärzt*in

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, verbunden mit mangelnder Befeuchtung der Scheide

Ursachen:

  • Östrogenmangel-Kolpitis, z. B. durch die Wechseljahre oder Schwangerschaft
  • Mangelnde sexuelle Erregung

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit zur Frauenärzt*in

Selbsthilfe:

  • Offen mit dem Partner über Probleme im Sexualleben reden
  • Gleitmittel verwenden

Schmerzen bei Benutzung von Kondomen, Diaphragma, empfängnisverhütenden Schäumen und Gelen oder Gleitmitteln

Ursachen:

Selbsthilfe:

  • Alternative Verhütungsmethoden ausprobieren

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, neu auftretend nach den Wechseljahren; evtl. Trockenheitsgefühl; evtl. Juckreiz; evtl. grauer Ausfluss

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Frauenärzt*in

Selbsthilfe:

  • Luftdurchlässige Unterwäsche tragen
  • Auf übertriebene Intimhygiene und Scheidenspülungen verzichten
  • Moorsitzbäder

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, neu auftretend; Wochen bis viele Monate nach einer Entbindung

Ursachen:

  • Narben am Damm und/oder Einengung des Scheideneingangs nach Dammriss oder Dammschnitt
  • Hormonell bedingte Unlust bei stillenden Frauen
  • Somatoforme Störung

Maßnahmen:

  • In den nächsten Wochen zur Frauenärzt*in, wenn das Problem fortbesteht
  • Bei Belastung der Partnerschaft psychotherapeutische Beratung

Selbsthilfe:

  • Geduld; leichtere Einengungen und Narbenbildungen geben sich mit der Zeit
  • Unterstützend Narben regelmäßig eincremen, z. B. mit Contractubex Gel®

Ziehende Schmerzen im Unterbauch bei oder nach dem Geschlechtsverkehr; oft stellungsabhängig; evtl. auch wechselnde Schmerzen außerhalb des Geschlechtsverkehrs

Ursachen:

Selbsthilfe:

  • Nach schmerzärmeren Stellungen beim Geschlechtsverkehr suchen, oft ist es besser, die Partnerin übernimmt den aktiven Part, um Kontrolle zu haben

Drückende Schmerzen und evtl. Harndrang beim Geschlechtsverkehr

Ursachen:

Selbsthilfe:

  • Beim Geschlechtsverkehr nach schmerzfreien Stellungen suchen, harte Stöße vermeiden
  • Entspannungsverfahren

Ihre Apotheke empfiehlt

Intimhygiene.

Die empfindliche Schleimhaut der Vagina beherbergt zu ihrem Schutz eine fein abgestimmte bakterielle Flora. Gerät diese aus dem Gleichgewicht, kommt es häufig zu Jucken, Brennen oder Schmerzen, die sich durch Sex noch verstärken. Auslöser des Ungleichgewichts ist oft eine gut gemeinte, aber zu aggressive Intimhygiene. Als Grundregel gilt: Lauwarmes Wasser genügt für die Reinigung des Intimbereichs. Wer gar nicht auf Seifen verzichten will, sollte auf spezielle Pflegeprodukte mit angepasstem pH-Wert und geeigneten Inhaltsstoffen achten.

Nicht einfach durchhalten.

Betroffene Frauen sollten Schmerzen beim Geschlechtsverkehr nicht einfach aushalten. Ganz im Gegenteil: Oft verstärkt die Angst vor erneuten Schmerzen die Beschwerden sogar noch, weil sich die Frauen dann zusätzlich verkrampfen. Besser Sie weichen auf beschwerdefreie Sexpraktiken aus, bis Sie dem Problem auf den Grund gegangen sind.

Ansteckung vermeiden.

Gerade wenn zu neu aufgetretenen Schmerzen ungewöhnlicher Ausfluss oder Rötungen hinzukommen, gilt: Kein Sex bis zum Arztbesuch. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Beschwerden durch eine Infektionskrankheit verursacht werden. Zum Schutz Ihrer Partner*in sollten Sie bis zur Diagnosestellung auf Sex (auch Oral- oder Analverkehr!) verzichten. Bestätigt sich der Verdacht, sollte sich die Partner*in unbedingt auch untersuchen lassen. Nur so verhindern Sie einen Ping-Pong-Effekt.

Gleitgel.

Eine trockene Scheide muss nicht immer etwas mit mangelnder Erregung zu tun haben. Auch hormonelle Schwankungen können der Grund sein, dass zu wenig Scheidensekret produziert wird. In diesem Fall schaffen Gleitgele Abhilfe. Weil das Angebot inzwischen sehr groß ist, hilft eine Beratung in der Apotheke, um das passende Produkt zu finden.

Sich ausprobieren.

Wenn die Penetration schmerzhaft bleibt, müssen sie deswegen nicht völlig auf Sex verzichten. Oft hilft es auch schon, wenn die Frau den aktiven Part übernimmt, weil sie so die Kontrolle über mögliche Beschwerden behält. Ansonsten gilt: Werden Sie erfinderisch! Auch Frauen ohne Schmerzen berichten oft, dass die Penetration für sie nicht erfüllend ist. Zur Penetration gibt es durchaus Alternativen.

Entspannungstechniken.

Kann sich eine Frau beim Sex nicht entspannen, verkrampft sich oft auch die Beckenboden- und Scheidenmuskulatur und verursacht so Schmerzen. Entspannungsmethoden wie die Progressive Muskelrelaxation können dann Abhilfe schaffen. Solche Methoden lassen sich auch mit einer systematischen Desensibilisierung verbinden, also dem Einführen von immer größeren Gegenständen in die Vagina. Prinzipiell gilt aber auch hier: Die wichtigste Entspannungsmethode ist es, sich selbst nicht unter Druck zu setzen.

Blasenentzündungen vorbeugen.

Blasenentzündungen stehen in doppelter Hinsicht mit Sex in Verbindung: Zum einen verstärken sich die Beschwerden durch die Entzündung beim Geschlechtsverkehr. Zum anderen ist es oft der Sex selbst, der die Blasenentzündung verursacht. Denn dabei passiert es oft, dass Darmbakterien über die Scheide in Harnröhre und Blase verschleppt werden. Als Vorbeugung hilft es, nach dem Sex die Blase gründlich zu entleeren, um mögliche Bakterien sofort wieder auszuspülen.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer | zuletzt geändert am um 15:49 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.