Kniebeschwerden nach Gewalteinwirkung

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Stürze aufs Knie gehen nicht immer glimpflich aus.

Nach einem Sturz oder Sportunfall ist es auch für erfahrene Ärzt*innen oft eine Herausforderung, die entstandene Verletzung genau zu lokalisieren. Unfallhergang, Beschwerden und klinische Untersuchungen geben gute Hinweise, denen mit bildgebenden Verfahren weiter nachgegangen werden muss. Das gilt vor allem dann, wenn das Kniegelenk betroffen ist. Denn hier kommen viele Strukturen in Frage – vom Meniskus über die Kreuzbänder oder Seitenbänder bis hin zu Kniescheibe, Schleimbeutel oder Schienbeinkopf. Die Zuordnung ist auch deshalb schwierig, weil häufig mehrere Verletzungen gleichzeitig auftreten. Wie etwa bei der Kombination aus Rissen am vorderen Kreuzband, Innenmeniskus und inneren Seitenband, die Ärzt*innen auch als Unhappy Triade bezeichnen.

Kurz nach dem Unfall ähneln sich Beschwerden bei Knieschmerzen oft: Es treten starke Schmerzen und eine Schwellung am Kniegelenk auf. Bessern sich die Schmerzen rasch, kehren jedoch bei Belastung zurück? Dann spricht viel für eine Bandverletzung. In der Regel berichten die Betroffenen dann zusätzlich von einem Unsicherheitsgefühl im Kniegelenk. Eine plötzliche Beuge- oder Streckhemmung hingegen ist charakteristisch für Meniskusschäden. Wenn sich das Knie nicht mehr strecken lässt, kann das aber auch auf einen Kniescheibenbruch hindeuten. Ist gar keine Belastung des Kniegelenks mehr möglich, sollte man an einen Schienbeinkopfbruch denken. In diesem Fall können die Betroffenen weder gehen noch stehen.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Knieschmerzen und Schwellung nach gewaltsamer Verdrehung des gebeugten Knies oder nach Sturz/Schlag auf das Knie; meist beim Sport (Ski, Fußball, Squash); nach Besserung der akuten Beschwerden oft Schmerz bei Belastung und/oder instabiles Kniegelenk (Gefühl des Nachgebens, Wegknickens)

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Sofort zur Orthopäd*in bei plötzlichen Knieschmerzen
  • In den nächsten Tagen bei neu aufgetretenen Belastungsschmerzen oder Gefühl der Instabilität

Erstmaßnahmen:

  • Kühlen, z. B. mit Eisbeutel, Kühlpack
  • Bein hochlagern

Schmerzhafte Schwellung und Bluterguss an der Knievorderseite nach Sturz oder Schlag auf das gebeugte Knie; keine aktive Streckung des Kniegelenks mehr möglich, Probleme beim Treppensteigen; evtl. tastbare Lücke in der Kniescheibe

Ursache:

Maßnahme:

  • Sofort zur Orthopäd*in oder in die nächste Klinik

Erstmaßnahmen:

  • Kühlen, z. B. mit Eisbeutel, Kühlpack
  • Bein hochlagern mit leicht gebeugtem Knie (Deckenrolle in Kniekehle)

Schmerzhafte Schwellung und Bluterguss an der Knievorderseite nach Verdrehung des Knies; keine aktive Streckung des Kniegelenks mehr möglich

Ursache:

Maßnahme:

  • Sofort zur Orthopäd*in oder in die nächste Klinik

Erstmaßnahmen:

  • Kühlen, z. B. mit Eisbeutel, Kühlpack
  • Bein hochlagern mit leicht gebeugtem Knie (Deckenrolle in Kniekehle)

Schmerzhafte Schwellung auf oder unterhalb der Kniescheibe, meist nach Sturz/Schlag auf das Knie oder nach stärkerer chronischer Belastung; Schmerzverstärkung bei Kniebeugung und beim Knien; meist Rötung, Überwärmung

Ursache:

Maßnahmen:

  • Sofort zur Orthopäd*in oder Hausärzt*in bei offenen Verletzungen
  • In den nächsten Tagen, wenn die Beschwerden trotz Schonung und Kühlung weiter bestehen

Selbsthilfe:

  • Schonung des betroffenen Beins
  • Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack

Gefühl des Reißens oder plötzliche Schmerzen ober- bzw. unterhalb der Kniescheibe nach ruckartiger Beugung des angespannten Beins; meist bei Sprung- oder Wurfsportarten; anfangs oft tastbare Delle, später eher Schwellung; deutlicher Kraftverlust beim Kniestrecken (z. B. beim Treppensteigen)

Ursachen:

Maßnahme:

  • Sofort zur Orthopäd*in

Erstmaßnahmen:

  • Kühlen, z. B. mit Eisbeutel, Kühlpack
  • Bein hochlagern

Starke Schmerzen, Schwellung und Verformung des Kniegelenks nach Sturz oder Schlag auf das Knie

Ursache:

  • Schienbeinkopfbruch (Tibiakopffraktur)

Maßnahme:

  • Sofort zur Orthopäd*in oder in die nächste Klinik

Ihre Apotheke empfiehlt

PECH-Regel anwenden.

Bei Knieschmerzen nach Gewalteinwirkung hilft das PECH-Schema, um schnell richtig zu reagieren. Dabei steht jeder Buchstabe für eine Maßnahme:

P für Pause: Das Training oder die Bewegung sollte sofort abgebrochen und das Knie ruhiggestellt werden.

E für Eis: Eine Kühlung von mindestens 15 Minuten lindert Schmerzen, reduziert die Schwellung und verringert Entzündungsreaktionen. Gut geeignet sind kalte Umschläge mit Kühlpackungen, Eiswürfeln oder in kaltem Wasser getränkten Tüchern. Um Erfrierungen zu vermeiden, sollte immer ein Tuch zwischen Körper und Kühlmittel gelegt werden.

C für Compression (englisch für Druck): Ein Druckverband verringert die Schwellung oder das Ausmaß eines möglichen Blutergusses.

H für Hochlagern: Durch die erhöhte Position verringert sich die Schwellung und Einblutungen werden verhindert.

Diagnose stellen.

Bei Knieverletzungen wie dem Meniskusriss und dem Kreuzbandriss klingen die Schmerzen oft nach einiger Zeit von allein wieder ab. Auch wenn es Ihnen lästig ist – lassen Sie den Besuch in der Arztpraxis trotzdem nicht ausfallen. Denn nur eine Orthopäd*in kann beurteilen, ob durch die entstandenen Schäden das Knie fehlbelastet wird. Wer dagegen nichts unternimmt, dem drohen irreversible Folgeschäden wie Arthrosen.

Zweitmeinung einholen.

Ohne Frage: In einigen Fällen ist eine Operation nach einer Verletzung unumgänglich. Manchmal haben Patient*innen aber berechtigte Zweifel, ob ein Eingriff wirklich unbedingt nötig ist. In diesem Fall schafft eine Zweitmeinung Klarheit. Lassen Sie sich zu diesem Zweck unbedingt alle Untersuchungsergebnisse der erstbehandelnden Ärzt*in aushändigen, um doppelte Untersuchungen zu vermeiden.

Sport treiben statt vermeiden.

Auch wenn viele Knieverletzungen beim Sport entstehen – kein Sport ist auch keine Lösung. Denn die regelmäßige Belastung trainiert die Oberschenkelmuskeln, die das Knie stabilisieren. Eine gut ausgebildete Muskulatur hilft auch, dass die Kniescheibe in der Bewegung korrekt geführt wird. Insgesamt ist ein gut bemuskeltes Knie also deutlich weniger verletzungsanfällig als ein untrainiertes.

Sportart bewusst auswählen.

Bei einem vorgeschädigten Knie ist nicht jede Sportart gleich gut geeignet. Sportarten mit vielen Start-Stopp-Bewegungen wie Tennis oder Fußball sind eine große Belastung für die Kniegelenke und begünstigen neue Verletzungen oder das Fortschreiten einer Erkrankung. Dies gilt auch für Sportarten, bei denen die Kniegelenke dauerhaft gebeugt sind, wie z. B. beim Alpin-Skifahren. Eine gute Wahl sind knieschonende Sportarten wie Schwimmen, Ski-Langlauf oder Rudern.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer | zuletzt geändert am um 12:50 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.