Müdigkeit und Abgeschlagenheit (anhaltend)

Syda Productions/Shutterstock.com
Bei Schlafstörungen helfen oft schon einfache Maßnahmen wie eine bessere Schlafhygiene.

Einer von drei Erwachsenen leidet gelegentlich oder gar häufig unter Ermüdungserscheinungen. Treten Müdigkeit und Abgeschlagenheit anhaltend auf, wirkt sich das schnell auf den ganzen Alltag aus: Aktivität und Produktivität lassen nach, Fehler schleichen sich schon bei vermeintlich einfachen Aufgaben ein, und nicht selten wird auch die Familie oder Partnerschaft in Mitleidenschaft gezogen.

Wer den Ursachen rechtzeitig auf den Grund geht, hat schon viel gewonnen – die Beschwerden sind nämlich durchaus ernstzunehmen.

Ein guter erster Schritt ist, Körper und Geist einfach mal eine Pause zu gönnen. Ein Wochenende wird dazu wahrscheinlich nicht reichen, aber ein oder zwei Wochen vielleicht schon.

Hilft dies nicht, ist der Gang zum Hausarzt angesagt: denn viele chronische oder gar lebensbedrohliche Erkrankungen zeigen sich als erstes durch eine anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Insbesondere ernste psychische Erkrankungen wie ein Burnout oder eine depressive Störung gehen fast regelmäßig mit Veränderungen in der Grundstimmung sowie mit Schlafstörungen einher. Aber auch die einfach zu behandelnde, aber sehr häufige Blutarmut (Anämie) zeigt sich regelmäßig durch anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf bei nächtlichem Schnarchen mit längeren Atempausen; nächtliches Schwitzen; nicht erholsamer Schlaf; Konzentrationsstörungen, oft depressive Verstimmung

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Übergewicht reduzieren
  • Abends Verzicht auf Alkohol, Beruhigungs- und Schlafmittel

Tagesschläfrigkeit und häufige Schlafanfälle bei extremem Übergewicht

Ursache:

  • Pickwick-Syndrom (Behinderung der Atmung durch ausgeprägte Fettpolster im Hals- und Rumpfbereich, betrifft ausschließlich stark übergewichtige Menschen)

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Regelmäßige Bewegung, Ernährungsumstellung

Wiederholte Schlafanfälle unterschiedlicher Länge; wiederholte, kurzfristige Lähmungen, v. a. in affektgeladenen Situationen; unterbrochener, nicht erholsamer Nachtschlaf mit häufigen Albträumen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Regelmäßige Schlafzeiten, auch tagsüber
  • Regelmäßige körperliche Bewegung

Ausgeprägte Tagesschläfrigkeit v. a. in reizarmen Situationen; verlängerter Nachtschlaf; meist Beginn im Jugendalter

Ursache:

  • Primäre Hypersomnie (überdurchschnittlich hohes Schlafbedürfnis, bei Tag wie bei Nacht. Die Ursache ist unbekannt, eine erbliche Veranlagung wird diskutiert.)

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Regelmäßige Schlafzeiten, auch tagsüber

Apathie und/oder abnorme Ermüdbarkeit mit zunehmenden Gedächtnisstörungen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anhaltende Müdigkeit mit Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit und Schlafstörungen

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt oder Psychiater

Tiefsitzende Erschöpfung mit dem Gefühl, "ausgebrannt" zu sein; Leistungsschwäche und Antriebslosigkeit; kritische, zynische oder abweisende Einstellung gegenüber der eigenen Arbeit

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Selbsthilfe bei Burnout-Syndrom:

  • Stressmanagement, Entspannungstechniken
  • Ausreichend Bewegung
  • Bei ersten Anzeichen längere Erholungsphasen (Urlaub, Kur), evtl. Arbeitsplatzwechsel

Ständiges Gefühl der Erschöpfung über mindestens 6 Monate ohne Besserung durch Entspannung und Urlaub; oft Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; oft Hals-, Kopf-, Muskel- und/oder Gelenkschmerzen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Abgeschlagenheit und verminderte Leistungsfähigkeit mit Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Am selben Tag zum Hausarzt bei schlechtem Allgemeinzustand
  • Ansonsten in den nächsten Tagen zum Arzt bei anhaltenden Beschwerden

Müdigkeit und Antriebsschwäche nach dem Aufwachen; Neigung zu Schwindel, z. B. beim Aufstehen oder längerem Stehen; oft Kältegefühl in Händen und Füßen

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt bei neuem Auftreten der Beschwerden

Selbsthilfe:

  • Viel Bewegung, Wechselduschen
  • Viel trinken, kleine salzreiche Mahlzeiten

Zunehmende Müdigkeit und Leistungsschwäche mit belastungsabhängiger Atemnot

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Rasche Ermüdbarkeit mit Gewichtsverlust, starkem Durst und vermehrtem Wasserlassen

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anhaltende Müdigkeit und Energielosigkeit mit Braunfärbung der Haut; Übelkeit, Erbrechen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anhaltende Müdigkeit und Verlangsamung mit Schwellung von Gesicht und Zunge; trockene Haut, struppige Haare; Kälteempfindlichkeit

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anhaltende Müdigkeit mit auffallendem Vollmondgesicht; stammbetonte Fettsucht bei schlanken Armen und Beinen; Stiernacken; oft depressive Stimmung

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anhaltende Müdigkeit; Rückgang der Schambehaarung; Verkleinerung von Brüsten bzw. Hoden

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Müdigkeit oder Benommenheit bei Medikamenteneinnahme; evtl. Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; evtl. Schwindel

Ursache:

Wirkung/Nebenwirkung von zahlreichen Medikamenten, z. B.

Maßnahme:

  • Beim nächsten Arztbesuch ansprechen, wenn Sie diese Nebenwirkung auf dem Beipackzettel eines verordneten Medikaments finden

Selbsthilfe:

  • Verminderte Reaktionsfähigkeit beachten (z. B. im Verkehr)

Ihre Apotheke empfiehlt

Erholsamer Schlaf.

Abnorme Müdigkeit ist in erster Linie ein Zeichen für zu wenig oder schlechten Schlaf. Experten empfehlen ab dem Teenageralter eine Schlafdauer von 7 bis 9 Stunden pro Nacht. Schulkinder benötigen etwas mehr, Senioren etwas weniger. Zwischen Zubettgehen und Einschlafen sollen maximal 30 Minuten liegen. Merklich aufwachen sollte man höchstens einmal in der Nacht, und dann nach spätestens 20 Minuten wieder einschlafen.

Feste Schlafgewohnheiten.

Wer konsequent innerhalb eines Zeitfensters von max. 60 Minuten (also etwa zwischen 22 und 23 Uhr) zu Bett geht, stärkt seine "innere Uhr" und fühlt sich in seiner Wachzeit besser ausgeruht. Weitere Maßnahmen der Schlafhygiene fördern den gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus: Dazu gehören

  • ein kühles und abgedunkeltes Schlafzimmer
  • der Verzicht auf Fernseh- oder Smartphone-Konsum in den letzten 2 Stunden vor dem Zubettgehen
  • der Verzicht auf Genussmittel wie Kaffee und größere Mengen von Alkohol vor dem Zubettgehen
  • das Schlafzimmer nur zum Schlafen (und zum Sex) zu verwenden, aber nicht für mehr als 30 Minuten Lesen oder anderes
  • einen Mittagsschlaf auf maximal 20 Minuten zu begrenzen
  • bei häufigen Störungen durch den Partner getrennte Schlafzimmer zu erwägen (Studien sagen: Das ist eine wirksame Maßnahme).

Nacht- und Schichtarbeit sind Gift für einen erholsamen Schlaf. Wer davon betroffen ist, sollte ggf. mit ärztlicher Hilfe eine Befreiung von den Nachtschichten oder einen Arbeitsplatzwechsel erwägen.

Mangelerscheinungen beseitigen.

Häufig liegt bei Müdigkeit eine Anämie (Blutarmut) vor, die u. a. durch einen Mangel an Eisen oder Vitaminen (B12, Folsäure) verursacht wird. In dem Fall könnte eine Ernährungsumstellung oder eine Eisen- oder Vitaminzufuhr als Nahrungsergänzungsmittel Abhilfe schaffen (etwa bei Schwangeren und Veganern). Auch ein Vitamin-D-Mangel ist in der nördlichen Hemisphäre nicht untypisch – hier hilft vor allem das gute alte Sonnenlicht.

Medikation umstellen.

Einige Arzneimittel sind bekannt dafür, müde zu machen: Dazu zählen Blutdrucksenker, Antidepressiva und Antihistaminika. Bei starken Nebenwirkungen gilt es zu erwägen, die Dosis anzupassen oder den Wirkstoff zu wechseln. Das sollte jedoch nicht eigenmächtig passieren, sondern stets mit dem behandelnden Arzt abgesprochen sein.

Phytotherapie.

Vor allem Baldrianwurzel – und weniger stark Hopfen, Melissenkraut und Passionsblumenkraut – haben eine beruhigende Wirkung und sind daher bei Schlafstörungen und nervöser Erschöpfung zu empfehlen. Bei Baldrian ist eine ausreichend hohe Dosierung wichtig: Die Stiftung Warentest empfiehlt 900 mg Baldrian-Extrakt zur Nacht. Gesellen sich zur Abgeschlagenheit depressive Symptome hinzu, wirkt Johanniskraut stimmungsaufhellend. Auch hier empfehlen sich wissenschaftlich getestete und ausreichend dosierte Präparate aus der Apotheke mit mindestens 500 mg pro Tag. Aber: Johanniskraut hilft nicht bei schwereren Depressionen, die Einnahme kann in diesem Fall eine notwendige wirksame Therapie verschleppen. Depressive Symptome sind daher in jedem Fall mit dem Arzt zu besprechen.

Stress- und Konfliktmanagement.

Stressoren gibt es im Alltag viele: Seien es ständige Überstunden, Streit mit dem Partner oder Sorge um die kranken Eltern. Situationen und Verhaltensweisen, die ein Übermaß an Stress und Konflikten verursachen, gilt es zu überdenken. Idealerweise führt das dazu, die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu priorisieren – z. B. sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Auch bei der Arbeit lassen sich schon mit wenig Aufwand viele Störquellen eindämmen – z. B. indem E-Mails und Anrufe nur zu festen Zeiten beantwortet werden.

Entspannungsverfahren.

Entspannungstherapien ermöglichen das Abschalten vom stressigen Alltag, indem sie entweder die Aufmerksamkeit gezielt wegbewegen von negativen Gedanken und Beschwerden oder einen gesünderen Umgang mit ihnen erzielen. Entspannungsverfahren können eher bewegungsorientiert sein wie z. B. Yoga, sich auf körperliche Empfindungen konzentrieren (Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung) oder dabei helfen, den Geist zu "reinigen" (Meditation). Massagen oder Hypnose bieten von außen zugeführte Entspannung.

Psychotherapie.

Dauerhaft starke nervliche Belastungen führen nicht selten zu Krankheitsbildern wie Burnout, Depression oder Chronisches Erschöpfungssyndrom. Hier kommt die Selbsthilfe an ein Ende – professionelle psychotherapeutische Hilfe ist angesagt. Je nach persönlicher Präferenz kann u. a. zwischen tiefenpsychologischen, klientenzentrierten oder systemischen Therapieformen gewählt werden.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel. Sektion „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dr. med. Arne Schäffler; Leonard Olberts | zuletzt geändert am um 15:48 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.