Einer von drei Erwachsenen leidet gelegentlich oder gar häufig unter Ermüdungserscheinungen. Treten Müdigkeit und Abgeschlagenheit anhaltend auf, wirkt sich das schnell auf den ganzen Alltag aus: Aktivität und Produktivität lassen nach, Fehler schleichen sich schon bei vermeintlich einfachen Aufgaben ein, und nicht selten wird auch die Familie oder Partnerschaft in Mitleidenschaft gezogen.
Wer den Ursachen rechtzeitig auf den Grund geht, hat schon viel gewonnen – die Beschwerden sind nämlich durchaus ernstzunehmen.
Ein guter erster Schritt ist, Körper und Geist einfach mal eine Pause zu gönnen. Ein Wochenende wird dazu wahrscheinlich nicht reichen, aber ein oder zwei Wochen vielleicht schon.
Hilft dies nicht, ist der Gang zum Hausarzt angesagt: denn viele chronische oder gar lebensbedrohliche Erkrankungen zeigen sich als erstes durch eine anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Insbesondere ernste psychische Erkrankungen wie ein Burnout oder eine depressive Störung gehen fast regelmäßig mit Veränderungen in der Grundstimmung sowie mit Schlafstörungen einher. Aber auch die einfach zu behandelnde, aber sehr häufige Blutarmut (Anämie) zeigt sich regelmäßig durch anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
-
Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf bei nächtlichem Schnarchen mit längeren Atempausen; nächtliches Schwitzen; nicht erholsamer Schlaf; Konzentrationsstörungen, oft depressive Verstimmung
mehr -
Tagesschläfrigkeit und häufige Schlafanfälle bei extremem Übergewicht
mehr -
Wiederholte Schlafanfälle unterschiedlicher Länge; wiederholte, kurzfristige Lähmungen, v. a. in affektgeladenen Situationen; unterbrochener, nicht erholsamer Nachtschlaf mit häufigen Albträumen
mehr -
Ausgeprägte Tagesschläfrigkeit v. a. in reizarmen Situationen; verlängerter Nachtschlaf; meist Beginn im Jugendalter
mehr -
Apathie und/oder abnorme Ermüdbarkeit mit zunehmenden Gedächtnisstörungen
mehr -
Anhaltende Müdigkeit mit Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit und Schlafstörungen
mehr -
Tiefsitzende Erschöpfung mit dem Gefühl, "ausgebrannt" zu sein; Leistungsschwäche und Antriebslosigkeit; kritische, zynische oder abweisende Einstellung gegenüber der eigenen Arbeit
mehr -
Ständiges Gefühl der Erschöpfung über mindestens 6 Monate ohne Besserung durch Entspannung und Urlaub; oft Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; oft Hals-, Kopf-, Muskel- und/oder Gelenkschmerzen
mehr -
Abgeschlagenheit und verminderte Leistungsfähigkeit mit Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust
mehr -
Müdigkeit und Antriebsschwäche nach dem Aufwachen; Neigung zu Schwindel, z. B. beim Aufstehen oder längerem Stehen; oft Kältegefühl in Händen und Füßen
mehr -
Zunehmende Müdigkeit und Leistungsschwäche mit belastungsabhängiger Atemnot
mehr -
Rasche Ermüdbarkeit mit Gewichtsverlust, starkem Durst und vermehrtem Wasserlassen
mehr -
Anhaltende Müdigkeit und Energielosigkeit mit Braunfärbung der Haut; Übelkeit, Erbrechen
mehr -
Anhaltende Müdigkeit und Verlangsamung mit Schwellung von Gesicht und Zunge; trockene Haut, struppige Haare; Kälteempfindlichkeit
mehr -
Anhaltende Müdigkeit mit auffallendem Vollmondgesicht; stammbetonte Fettsucht bei schlanken Armen und Beinen; Stiernacken; oft depressive Stimmung
mehr -
Anhaltende Müdigkeit; Rückgang der Schambehaarung; Verkleinerung von Brüsten bzw. Hoden
mehr -
Müdigkeit oder Benommenheit bei Medikamenteneinnahme; evtl. Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; evtl. Schwindel
mehr
Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf bei nächtlichem Schnarchen mit längeren Atempausen; nächtliches Schwitzen; nicht erholsamer Schlaf; Konzentrationsstörungen, oft depressive Verstimmung
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt
Selbsthilfe:
- Übergewicht reduzieren
- Abends Verzicht auf Alkohol, Beruhigungs- und Schlafmittel
Tagesschläfrigkeit und häufige Schlafanfälle bei extremem Übergewicht
Ursache:
- Pickwick-Syndrom (Behinderung der Atmung durch ausgeprägte Fettpolster im Hals- und Rumpfbereich, betrifft ausschließlich stark übergewichtige Menschen)
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt
Selbsthilfe:
- Regelmäßige Bewegung, Ernährungsumstellung
Wiederholte Schlafanfälle unterschiedlicher Länge; wiederholte, kurzfristige Lähmungen, v. a. in affektgeladenen Situationen; unterbrochener, nicht erholsamer Nachtschlaf mit häufigen Albträumen
Ursachen:
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt
Selbsthilfe:
- Regelmäßige Schlafzeiten, auch tagsüber
- Regelmäßige körperliche Bewegung
Ausgeprägte Tagesschläfrigkeit v. a. in reizarmen Situationen; verlängerter Nachtschlaf; meist Beginn im Jugendalter
Ursache:
- Primäre Hypersomnie (überdurchschnittlich hohes Schlafbedürfnis, bei Tag wie bei Nacht. Die Ursache ist unbekannt, eine erbliche Veranlagung wird diskutiert.)
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt
Selbsthilfe:
- Regelmäßige Schlafzeiten, auch tagsüber
Apathie und/oder abnorme Ermüdbarkeit mit zunehmenden Gedächtnisstörungen
Ursachen:
- Demenz, z. B. Alzheimer-Demenz
- Huntington-Krankheit
- Gehirntumoren
- Abhängigkeit von Alkohol, Drogen, Medikamenten wie Schmerz- oder Beruhigungsmitteln
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Anhaltende Müdigkeit mit Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit und Schlafstörungen
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt oder Psychiater
Tiefsitzende Erschöpfung mit dem Gefühl, "ausgebrannt" zu sein; Leistungsschwäche und Antriebslosigkeit; kritische, zynische oder abweisende Einstellung gegenüber der eigenen Arbeit
Ursachen:
- Burnout-Syndrom
- Depressive Verstimmung, reaktive Depression, larvierte Depression, häufig bei zugrunde liegender zwanghafter Persönlichkeitsstörung
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Selbsthilfe bei Burnout-Syndrom:
- Stressmanagement, Entspannungstechniken
- Ausreichend Bewegung
- Bei ersten Anzeichen längere Erholungsphasen (Urlaub, Kur), evtl. Arbeitsplatzwechsel
Ständiges Gefühl der Erschöpfung über mindestens 6 Monate ohne Besserung durch Entspannung und Urlaub; oft Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; oft Hals-, Kopf-, Muskel- und/oder Gelenkschmerzen
Ursachen:
- Chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronique Fatigue Syndrome)
- Depressive Verstimmung, larvierte Depression
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt
Abgeschlagenheit und verminderte Leistungsfähigkeit mit Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust
Ursachen:
- Chronische Infektion, z. B. AIDS, Tuberkulose
- Plasmozytom, Leukämie, Maligne Lymphome, anderer Krebs
- Rheumatische Erkrankungen, z. B. Lupus erythematodes, Rheumatoide Arthritis
Maßnahmen:
- Am selben Tag zum Hausarzt bei schlechtem Allgemeinzustand
- Ansonsten in den nächsten Tagen zum Arzt bei anhaltenden Beschwerden
Müdigkeit und Antriebsschwäche nach dem Aufwachen; Neigung zu Schwindel, z. B. beim Aufstehen oder längerem Stehen; oft Kältegefühl in Händen und Füßen
Ursache:
- Arterielle Hypotonie (niedriger Blutdruck)
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Hausarzt bei neuem Auftreten der Beschwerden
Selbsthilfe:
- Viel Bewegung, Wechselduschen
- Viel trinken, kleine salzreiche Mahlzeiten
Zunehmende Müdigkeit und Leistungsschwäche mit belastungsabhängiger Atemnot
Ursachen:
- Herzinsuffizienz
- Blutarmut (Anämie)
- Chronische Lungenerkrankungen, z. B. chronische Bronchitis
- Lungenemphysem
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Rasche Ermüdbarkeit mit Gewichtsverlust, starkem Durst und vermehrtem Wasserlassen
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Anhaltende Müdigkeit und Energielosigkeit mit Braunfärbung der Haut; Übelkeit, Erbrechen
Ursachen:
- Morbus Addison als häufigste Form der Nebennierenrinden-Unterfunktion
- Chronisches Nierenversagen
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Anhaltende Müdigkeit und Verlangsamung mit Schwellung von Gesicht und Zunge; trockene Haut, struppige Haare; Kälteempfindlichkeit
Ursache:
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Anhaltende Müdigkeit mit auffallendem Vollmondgesicht; stammbetonte Fettsucht bei schlanken Armen und Beinen; Stiernacken; oft depressive Stimmung
Ursachen:
- Cushing-Syndrom bei langfristiger oder hochdosierter Kortisontherapie
- Morbus Cushing
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Anhaltende Müdigkeit; Rückgang der Schambehaarung; Verkleinerung von Brüsten bzw. Hoden
Ursache:
- Hypophysenvorderlappen-Unterfunktion, meist als Folge einer Schädel-Hirn-Verletzung
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Müdigkeit oder Benommenheit bei Medikamenteneinnahme; evtl. Konzentrations- und Gedächtnisstörungen; evtl. Schwindel
Ursache:
Wirkung/Nebenwirkung von zahlreichen Medikamenten, z. B.
- Beruhigungsmitteln
- Schlafmitteln
- Starken Schmerzmitteln (Opioide)
- Antihistaminika
- Antidepressiva
- Neuroleptika
- Bluthochdruckmittel
Maßnahme:
- Beim nächsten Arztbesuch ansprechen, wenn Sie diese Nebenwirkung auf dem Beipackzettel eines verordneten Medikaments finden
Selbsthilfe:
- Verminderte Reaktionsfähigkeit beachten (z. B. im Verkehr)
Ihre Apotheke empfiehlt
Erholsamer Schlaf.
Abnorme Müdigkeit ist in erster Linie ein Zeichen für zu wenig oder schlechten Schlaf. Experten empfehlen ab dem Teenageralter eine Schlafdauer von 7 bis 9 Stunden pro Nacht. Schulkinder benötigen etwas mehr, Senioren etwas weniger. Zwischen Zubettgehen und Einschlafen sollen maximal 30 Minuten liegen. Merklich aufwachen sollte man höchstens einmal in der Nacht, und dann nach spätestens 20 Minuten wieder einschlafen.
Feste Schlafgewohnheiten.
Wer konsequent innerhalb eines Zeitfensters von max. 60 Minuten (also etwa zwischen 22 und 23 Uhr) zu Bett geht, stärkt seine "innere Uhr" und fühlt sich in seiner Wachzeit besser ausgeruht. Weitere Maßnahmen der Schlafhygiene fördern den gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus: Dazu gehören
- ein kühles und abgedunkeltes Schlafzimmer
- der Verzicht auf Fernseh- oder Smartphone-Konsum in den letzten 2 Stunden vor dem Zubettgehen
- der Verzicht auf Genussmittel wie Kaffee und größere Mengen von Alkohol vor dem Zubettgehen
- das Schlafzimmer nur zum Schlafen (und zum Sex) zu verwenden, aber nicht für mehr als 30 Minuten Lesen oder anderes
- einen Mittagsschlaf auf maximal 20 Minuten zu begrenzen
- bei häufigen Störungen durch den Partner getrennte Schlafzimmer zu erwägen (Studien sagen: Das ist eine wirksame Maßnahme).
Nacht- und Schichtarbeit sind Gift für einen erholsamen Schlaf. Wer davon betroffen ist, sollte ggf. mit ärztlicher Hilfe eine Befreiung von den Nachtschichten oder einen Arbeitsplatzwechsel erwägen.
Mangelerscheinungen beseitigen.
Häufig liegt bei Müdigkeit eine Anämie (Blutarmut) vor, die u. a. durch einen Mangel an Eisen oder Vitaminen (B12, Folsäure) verursacht wird. In dem Fall könnte eine Ernährungsumstellung oder eine Eisen- oder Vitaminzufuhr als Nahrungsergänzungsmittel Abhilfe schaffen (etwa bei Schwangeren und Veganern). Auch ein Vitamin-D-Mangel ist in der nördlichen Hemisphäre nicht untypisch – hier hilft vor allem das gute alte Sonnenlicht.
Medikation umstellen.
Einige Arzneimittel sind bekannt dafür, müde zu machen: Dazu zählen Blutdrucksenker, Antidepressiva und Antihistaminika. Bei starken Nebenwirkungen gilt es zu erwägen, die Dosis anzupassen oder den Wirkstoff zu wechseln. Das sollte jedoch nicht eigenmächtig passieren, sondern stets mit dem behandelnden Arzt abgesprochen sein.
Phytotherapie.
Vor allem Baldrianwurzel – und weniger stark Hopfen, Melissenkraut und Passionsblumenkraut – haben eine beruhigende Wirkung und sind daher bei Schlafstörungen und nervöser Erschöpfung zu empfehlen. Bei Baldrian ist eine ausreichend hohe Dosierung wichtig: Die Stiftung Warentest empfiehlt 900 mg Baldrian-Extrakt zur Nacht. Gesellen sich zur Abgeschlagenheit depressive Symptome hinzu, wirkt Johanniskraut stimmungsaufhellend. Auch hier empfehlen sich wissenschaftlich getestete und ausreichend dosierte Präparate aus der Apotheke mit mindestens 500 mg pro Tag. Aber: Johanniskraut hilft nicht bei schwereren Depressionen, die Einnahme kann in diesem Fall eine notwendige wirksame Therapie verschleppen. Depressive Symptome sind daher in jedem Fall mit dem Arzt zu besprechen.
Stress- und Konfliktmanagement.
Stressoren gibt es im Alltag viele: Seien es ständige Überstunden, Streit mit dem Partner oder Sorge um die kranken Eltern. Situationen und Verhaltensweisen, die ein Übermaß an Stress und Konflikten verursachen, gilt es zu überdenken. Idealerweise führt das dazu, die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu priorisieren – z. B. sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Auch bei der Arbeit lassen sich schon mit wenig Aufwand viele Störquellen eindämmen – z. B. indem E-Mails und Anrufe nur zu festen Zeiten beantwortet werden.
Entspannungsverfahren.
Entspannungstherapien ermöglichen das Abschalten vom stressigen Alltag, indem sie entweder die Aufmerksamkeit gezielt wegbewegen von negativen Gedanken und Beschwerden oder einen gesünderen Umgang mit ihnen erzielen. Entspannungsverfahren können eher bewegungsorientiert sein wie z. B. Yoga, sich auf körperliche Empfindungen konzentrieren (Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung) oder dabei helfen, den Geist zu "reinigen" (Meditation). Massagen oder Hypnose bieten von außen zugeführte Entspannung.
Psychotherapie.
Dauerhaft starke nervliche Belastungen führen nicht selten zu Krankheitsbildern wie Burnout, Depression oder Chronisches Erschöpfungssyndrom. Hier kommt die Selbsthilfe an ein Ende – professionelle psychotherapeutische Hilfe ist angesagt. Je nach persönlicher Präferenz kann u. a. zwischen tiefenpsychologischen, klientenzentrierten oder systemischen Therapieformen gewählt werden.