Schmerzentstehung: In Haut, Muskeln, Gelenken und Organen befinden sich freie Endungen von Nervenfasern. Diese Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) können durch Temperatur, Dehnung, Druck und Entzündungsbotenstoffe gereizt werden. Als Folge werden im betroffenen Gewebe bestimmte körpereigene Stoffe freigesetzt, die Schmerzmediatoren (Histamin, Serotonin). Zusätzlich steigern weitere Substanzen, z. B. Prostaglandine (Gewebehormone), die Empfindlichkeit der aktivierten Schmerzrezeptoren. Dadurch werden weitere Schmerzmediatoren gebildet. Zwar versucht der Körper, mit den im Gehirn gebildeten Endorphinen diesen Prozess zu verlangsamen oder zu beenden. Aber meist „gewinnt“ der Schmerz, und das Schmerzempfinden beginnt.
Anatomie der Schmerzwahrnehmung
Gerda Raichle, Ulm
Der Schmerzreiz wird aus dem betroffenen Gewebe über die Nervenfasern an das Rückenmark geleitet, in dem eine erste unbewusste Verarbeitung dieses Reizes stattfindet, die Schmerzmodulation. Hierbei muss der Schmerzreiz ein „Tor passieren“, bevor er in unser Gehirn und damit ins Bewusstsein eindringen kann. Die Eigenschaften dieses „Tors“ unterliegen den verschiedensten Einflüssen, sie sind darüber hinaus bei jedem Menschen verschieden. Auch die persönliche Lebenssituation, Sorgen, Stress und Freude öffnen das Tor mehr oder weniger weit für den Schmerz. Dies ist der Grund dafür, dass das Schmerzempfinden je nach psychischer Verfassung variiert und deshalb können auch viele psychotherapeutische Methoden bei der Schmerzbekämpfung sehr gut helfen. Gelangt der Schmerzreiz schließlich zum Gehirn, spüren wir ihn. Die Reaktion des Körpers besteht dann meist aus motorischen Reflexen, z. B. „sich Krümmen vor Schmerz“, sowie aus unbewussten Reaktionen, z. B. Herzrasen, Gänsehaut oder Schweißausbruch. Auch das Schlafzentrum im Gehirn kann davon betroffen sein, weshalb Patienten mit chronischen Schmerzen fast immer über Schlafstörungen klagen.