Lebensqualität für einen unheilbar Kranken, das klingt für einen Gesunden vielleicht unverständlich. Aber Lebensqualität bedeutet, dass der Kranke im Rahmen seiner Möglichkeiten unbeschwert leben kann. Niemand kann von außen die Situation eines Sterbenden beurteilen. Betreuende und Angehörige brauchen viel Einfühlungsvermögen, um herauszufinden, was wichtig ist.
Für alle Sterbenden ist es wichtig, Menschen um sich zu haben. Das Gefühl, noch immer Teil des Lebens zu sein, gehört wohl zu den universalen Bedürfnissen Sterbender. Zuzuhören oder nur da zu sein ist das, was das Begleiten auf dem letzten Lebensweg ausmacht.
Wenn Menschen hilflos sind und nicht mehr reden können, ist es besonders wichtig, ihre Lebensäußerungen wahrzunehmen. Nur so kann es gelingen, Belastungen und Schmerzen für sie zu vermeiden und das Selbstbestimmungsrecht aufrechtzuerhalten. Weil es der Palliativmedizin nicht mehr um Heilung geht, sondern um Milderung der Symptome, nimmt die Kontrolle von Symptomen einen besonderen Stellenwert ein. Täglich wird geprüft, ob die Therapie neu anzupassen ist. Die häufigsten Probleme sind:
- Übelkeit und Erbrechen, besonders bei Krebspatienten, aber auch als Nebenwirkung von Schmerzmedikamenten. (Verträgliche und wirkungsvolle Medikamente stehen aber zur Verfügung).
- Hautschäden, insbesondere Dekubitus
- Inkontinenzprobleme: In der Palliativmedizin sind die Infektionsrisiken eines Dauerkatheters eher vertretbar als sonst. Wenn der Patient sich wohler fühlt mit einem Dauerkatheter, weil keine Geruchsprobleme mehr da sind, und er die Angst, dass „was passieren könnte“, vergessen kann, soll er ihn bekommen.
- Mundschleimhautprobleme und Trockenheit der Mundhöhle
- Hunger und Durst durch Unfähigkeit zu kauen oder zu schlucken, Verdauungsbeschwerden
- Verstopfung, häufig ebenfalls eine Medikamentennebenwirkung, aber auch Folge von Bewegungsmangel und einseitiger Ernährung
- Trockenheit der Augen (Sicca-Syndrom): Künstliche Tränen bieten hier wirksame Hilfe.
- Verwirrtheit: Es gibt vieles, das die Verwirrtheit eines Menschen verschlimmert, z. B. häufige Ortswechsel und wechselnde Bezugspersonen.
- Atemnot und Rasselgeräusche beim Atmen.
Angst und Unruhe beseitigen
Eine Herausforderung für die Angehörigen sind Angst und Unruhe des Sterbenden. Dahinter steckt entweder eine nicht ausreichende Schmerztherapie oder aber die Angst vor den letzten Tagen und Stunden, d. h. vor weiterem zusätzlichen Leiden. Doch die Komplikationen, die dann schließlich das Leben beenden, müssen nicht leidvoll sein.
So kommt es bei krebskranken Menschen, aber auch bei Menschen mit unheilbaren Leberschäden (Leberzirrhose) häufig zur Bewusstlosigkeit durch giftige Substanzen (Koma bzw. Leberausfallkoma). Der Übergang kann für Angehörige sehr belastend sein, ist aber relativ kurz und mit Medikamenten gut überbrückbar. Bei Gehirntumoren kann es zu Krampfanfällen kommen, die über den Hirndruck ebenfalls zum Koma führen. Das Leben endet dann mit einem „Einschlafen“. Große Ängste schließlich bestehen vor Atemnot und vor dem Ersticken. Lungen- und Herzkranke sind hier oft betroffen. Durch die Atemnot wird Kohlendioxid im Blut angereichert, das dazu führt, dass das Bewusstsein des Sterbenden geringer wird und er dann einschläft (so genannte CO2-Narkose). Das heißt, er wird den Zustand des Erstickens nicht mehr bewusst erleben.
Viele Patienten sind erleichtert, wenn sie über diese Zusammenhänge ehrlich und medizinisch korrekt aufgeklärt werden.
Ernährung am Lebensende
Beim Sterbenden tritt das Essen zunehmend in den Hintergrund. Hat man früher Sterbende fast bis zuletzt gezwungen, etwas zu sich zu nehmen und zu trinken oder mit regelmäßigen Infusionen für Flüssigkeitszufuhr gesorgt, weil man Angst vor Austrocknung hatte, gilt dieses Vorgehen heute als Kunstfehler. So ist das Thema Essen heute eher ein Problem der Wahrnehmung der Angehörigen. Der Schwerkranke hat meist keinen Hunger mehr.
Diese Aussage gilt natürlich nur mit Einschränkungen für Kranke mit noch längerer Lebenserwartung. Im Krankenhaus stellen Infusionen die Therapie der Wahl dar, weil meistens ein venöser Zugang schon besteht und dieser auch durch die Infusionen offen gehalten werden kann.
Die Mehrzahl der Sterbenden kann einigermaßen normal essen und sollte das auch tun. Das gilt auch für die Frage, was der Patient isst. Diäten sind gut, aber irgendwann ziemlich zweitrangig. Der Schwerkranke soll – wenn er mag – essen und trinken, was immer er will.
Das Thema künstliche Ernährung am Lebensende nimmt in der öffentlichen Diskussion einen immer größeren Stellenwert ein. Das betrifft insbesondere die Ernährung über eine PEG-Sonde, die über die Bauchdecke in den Magen gelegt wird. Sinnvoll ist dies, wenn dadurch ein vorübergehender, durch Schluckschwierigkeiten hervorgerufener Zustand überbrückt werden kann, um anschließend wieder eine normale Ernährung zu ermöglichen. Im letzten Lebensstadium sollte die künstliche Ernährung insgesamt sorgfältig überlegt werden. Sie haben aber in jedem Fall Zeit zum Überlegen, niemand verhungert in so kurzer Zeit. Sie dürfen durchaus auch die Frage stellen, ob mit der künstlichen Ernährung die Probleme des Kranken oder die der Umgebung gelöst werden sollen und können. Bei Hochbetagten könnten die Nachteile (Komplikationen, Fixierung) die wenigen Vorteile überwiegen.
Eine Flüssigkeitszufuhr durch Infusionen, die belastungsfrei auch rektal (über den After) möglich ist, kann notwendig sein. In der letzten Lebensphase können Kranke jedoch ohne Infusion friedlich leben und sterben – und wahrscheinlich sogar besser. Sie leiden in dieser Situation nicht an Hunger und Durst.