Schlafmittel

Schlafmittel (Schlafmedikamente, Hypnotika) erscheinen bei Schlafstörungen als einfach anwendbare Hilfsmittel, um dem Körper die notwendigen Erholungsphasen zu ermöglichen. Die Realität sieht aber anders aus, denn alle verfügbaren Medikamente können zwar in ausreichender Dosierung den Schlaf herbeiführen, verschlechtern aber die Schlafqualität und führen zu einem zwar stundenmäßig ausreichenden, aber weniger erholsamen Schlaf. Viele Substanzen wirken bis in den nächsten Tag hinein nach, was Mattigkeit, Schwindelgefühle oder auch Kreislaufprobleme zur Folge hat. Zudem ist die Gefahr der Gewöhnung und der psychischen Abhängigkeit gerade bei den besonders wirksamen Mitteln sehr groß. Schlafmittel sind deshalb am ehesten für kurzfristige Schlafprobleme geeignet, wie sie vor Operationen, psychisch belastenden Terminen oder bei akuten Schmerzproblemen auftreten. Auch können sie in der Anfangszeit einer schlafmedizinischen Therapie durchaus sinnvoll sein. Man sollte sie deshalb nicht grundsätzlich ablehnen, aber auf den richtigen Umgang achten, damit sie optimal wirken können, und die negativen Folgeeffekte so gering wie möglich gehalten werden.

Benzodiazepine. Lange Zeit marktführende Mittel, die auch heute noch millionenfach verordnet werden. Dabei gehen die Fachverbände davon aus, dass bei etwa einem Drittel der Verordnungen ein bereits entstandenes Suchtverhalten zugrunde liegt. Ihr gravierender Nachteil ist die schnelle Entwicklung einer Abhängigkeit. Bereits nach wenigen Tagen der Einnahme führt das Absetzen von Benzodiazepinen zu Alpträumen, Angstzuständen und/oder zu ausgedehnter Schlaflosigkeit. Wer als älterer Patient Benzodiazepine zum ersten Mal einnimmt, kann zudem bei höherer Dosierung eine paradoxe Wirkung erleben – statt Entspannung treten Erregung und Unruhe auf.

Hinweis: Benzodiazepine erhöhen die Sturzgefahr bei Nacht, weil sie die Muskeln entspannen und die Atemfunktion verschlechtern. Sie sind deshalb im hohen Alter und bei chronischen Lungenerkrankungen besonders risikoreich.

Benzodiazepin-Agonisten (Nicht-Benzodiazepine) sind chemisch anders aufgebaut als Benzodiazepine, haben aber eine ähnliche Wirkung. Zu dieser Gruppe gehören Zolpidem (Zolpidem ct®), Zopiclon (z. B. Ximovan®) oder Zaleplon (Sonata®), weshalb man sie auch als Z-Substanzen bezeichnet. Obwohl sie die Benzodiazepine als meistverordnete Substanzen verdrängt haben, ist ihre Überlegenheit nicht gesichert. Nach neueren Studien unterscheiden sie sich von den Benzodiazepinen weder in der Wirksamkeit, noch in den Nebenwirkungen oder im Abhängigkeitspotenzial.

Um die Abhängigkeitsproblematik der Benzodiazepine und Benzodiazepin-Agonisten zu umgehen, werden manchmal auch Antidepressiva, z. B. Trimipramin, Mianserin, verordnet. Antidepressiva machen zwar nicht abhängig, aber auch sie verschlechtern die Schlafstruktur und unterdrücken den Traumschlaf.

Neuroleptika sind manchmal ebenfalls hilfreich, um Schlafprobleme älterer Menschen zu lösen. Für Menschen, bei denen man beobachten kann, dass Benzodiazepine paradox wirken (d.h. sie werden durch diese Medikamente aufgeregt und wacher), hat sich in der Akuttherapie Melperon (Eunerpan®) bewährt.

Auch Antihistaminika, wie die Wirkstoffe Diphenhydramin oder Doxylamin, die eigentlich der Behandlung allergischer Reaktionen dienen, führen zu Müdigkeit. Diese werden daher in manchen Fällen als Schlafmittel eingesetzt. Sie sind zwar nicht verschreibungspflichtig, haben aber dennoch Nebenwirkungen und sollten nur für kurze Zeit eingenommen werden.

Zu den negativen Begleiterscheinungen der Antihistaminika gehören eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Sehprobleme, Probleme mit der Verdauung und beim Wasserlassen sowie vermehrte UV-Empfindlichkeit der Haut. Deshalb sind Antihistaminika im Sommer nur mit äußerster Vorsicht und bei gleichzeitiger Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit Lichtschutzfaktor 50 einzusetzen. Antihistaminika sollten am besten nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Insbesondere bei Prostatabeschwerden und grünem Star sind sie nicht geeignet.

Schmerzmittel sind eine weitere, häufig verordnete Alternative. Sie sind dann sinnvoll, wenn tatsächlich Dauerschmerzen bestehen, die den Schlaf stören, z. B. chronische Hüftschmerzen. Die Dauer ihres Gebrauchs ist aber durch die häufigen Nebenwirkungen meist begrenzt.

Hinweis: Schmerzmittel sollten Sie nur in Rücksprache mit dem Arzt einnehmen, auch wenn – insbesondere im Ausland – immer mehr Substanzen frei verkäuflich sind. Eine Einnahmedauer von über vier Wochen ohne zwischenzeitliche ärztliche Rücksprache ist nicht empfehlenswert.

Schlaffördernde Phytotherapeutika. Bei vorübergehenden Schlafstörungen haben sich Heilkräuter mit entspannender, schlaffördernder Wirkung bewährt, die in Form von Schlaftees, Kapseln oder Tropfen im Handel erhältlich sind. Präparate mit standardisierten Wirkstoffen zum Einnehmen (z. B. in Kapsel- oder Tropfenform) sind dabei den Teezubereitungen an Wirkung überlegen. Wissenschaftlich nachgewiesen ist die schlaffördernde Wirkung von Hopfen, Baldrian und Passionsblume, die auch gut kombiniert werden können, z. B. Hova®, Ivel® oder Euvegal® N .

Ergänzend können auch Präparate mit Passionsblume und Lavendel eingenommen werden. In allen Fällen sollte die Dosierung nicht zu niedrig gewählt werden, wobei Alkohol und andere Medikamente die Wirkung verstärken können.

Autor*innen

Dr. med Arne Schäffler | zuletzt geändert am um 15:53 Uhr