Osteomalazie (Knochenerweichung): Systemische Knochenerkrankung infolge einer Mineralisationsstörung, durch die der Knochen seine Stabilität verliert und sich verformt. Meistens geht die Erkrankung auf einen Vitamin D-Mangel, seltener auf eine Störung des Phosphatstoffwechsels, zurück.
Die durch Vitamin-D-Mangel bedingte Knochenerweichung im Kindesalter wird Rachitis genannt. Sie führt zu Fehlbildungen, Verformungen der Wirbelsäule und Beinknochen, geringer Muskelkraft und unzureichender Zahnbildung. Sie ist dank der routinemäßigen Vitamin-D-Prophylaxe im 1. Lebensjahr selten geworden.
Beim Erwachsenen äußert sich eine Osteomalazie vergleichsweise uncharakteristisch durch undefinierbare Knochenschmerzen, Muskelschwäche sowie Knochenerweichungen und verformungen, besonders im Brustbereich, Hüftbereich und Kniegelenk. Sie tritt in Deutschland vor allem bei älteren Menschen auf (etwa die Hälfte der Senioren hat einen latenten Vitamin-D-Mangel) als Folge von chronischen Nierenfunktionsstörungen, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (wie z. B. Colitis ulcerosa), bei Leberzirrhose oder der Einnahme bestimmter Medikamente wie z. B. Antiepileptika.
Abzugrenzen ist die renale Osteopathie, bei der chronisches Nierenversagen zu einem Kalziummangel im Blut und zu einer verminderten Produktion von aktivem Vitamin D führt. Um den Kalziummangel auszugleichen, schütten die Nebenschilddrüsen vermehrt Parathormon aus, was zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus führt.
Leitbeschwerden
- Unspezifische Knochenschmerzen im Brustbereich und Rücken
- Muskelschwäche
- Zunehmende Verkrümmung des Oberkörpers.
Die Erkrankung
Für den Knochenstoffwechsel spielt Vitamin D (Kalziferol) eine Schlüsselrolle. Es fördert die Kalziumaufnahme aus Darm und Niere und sorgt für dessen Einlagerung in den Knochen, wodurch der Knochen seine Härte und Festigkeit bekommt.
Der Körper kann Vitamin D prinzipiell selbst herstellen. Mit Hilfe von Sonnenlicht wird dazu in der Haut aus der Vorstufe 7-Dehydrocholesterol Vitamin D3 gebildet und dieses dann in Leber und Niere in seine aktive Form umgewandelt.
Ob die Bereitstellung durch die Haut aber ausreicht, hängt von der Sonneneinstrahlung und der Hautfarbe ab. So wird bei weißen Einwohnern in Australien der tägliche Bedarf schon gedeckt, wenn nur ein Achtel der Körperoberfläche 10 Minuten pro Tag an der Sonne ist. In nördlichen Breitengraden dagegen wird auch bei stundenlanger Bestrahlung in den Wintermonaten nicht genug Vitamin D in der Haut erzeugt, und die Menschen sind auf die Zufuhr von Vitamin D durch die Nahrung angewiesen.
Daher werden in Deutschland, anders als in südlichen Ländern, eine Vitamin-D-reiche Nahrung und eventuell zusätzliche Ergänzungen empfohlen.
Das macht der Arzt
Die Diagnostik bei Verdacht auf eine Osteomalazie beginnt immer mit einer Blutuntersuchung. Dabei zeigt sich, dass bei der Erkrankung die alkalische Phosphatase, ein am Knochenaufbau beteiligtes Enzym, erhöht und der VitaminD3- und Phosphat-Blutspiegel erniedrigt sind. In 50 % der Fälle ist auch das Kalzium im Blut erniedrigt. Im Röntgenbild zeigen sich frühzeitig typische Veränderungen. Um die Diagnose zu sichern, entnimmt der Arzt manchmal eine Probe aus dem Knochengewebe (Biopsie).
Die Osteomalazie wird durch Gabe von Vitamin D3 (z. B. Vigantol®, eventuell hochdosiert) bis zum Erreichen der normalen Blutwerte für Kalzium und alkalische Phosphatase behandelt. Während der Therapie muss auf eine kalziumreiche Ernährung und regelmäßige Spaziergänge im Sonnen- oder auch nur im Tageslicht geachtet werden.
Vorsorge
VitaminD-Mengen werden in Mikrogramm (µg) oder in Internationalen Einheiten (I.E.) angegeben: 1 µg D3 = 40 I.E. Für unsere Breitengrade empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine tägliche Zufuhr von 5 µg Vitamin D (entsprechend 200 I.E.) für alle Altersgruppen ab dem 1. Lebensjahr bzw. 10 µg für Säuglinge in den ersten 12 Monaten sowie ältere Menschen ab 65 Jahren. Ältere Menschen sollen deswegen mehr Vitamin D einnehmen, weil die körpereigene Bildung dieses Vitamins im Alter abnimmt. Aber auch Vegetarier und besonders Veganer, die mit der Nahrung 20–50 % weniger Vitamin D aufnehmen sowie dunkelhäutige Menschen, deren Hautfarbe bei hoher Sonneneinstrahlung ein natürlicher Schutz vor zu hoher Eigensynthese an Vitamin D ist, müssen entsprechend mehr Vitamin D über die Nahrung zuführen.