Verhältnisprävention oder Verhaltensprävention?

Das Rauchverbot in ist ein klassisches Beispiel für Verhältnisprävention.

Was für eine starke Wirkung die Verhältnisprävention im Vergleich zur Verhaltensprävention hat, zeigt das Beispiel des Zigarettenkonsums in den USA. Trotz aller Aufklärungskampagnen blieb dort die Zahl der Raucher mit 25 % der erwachsenen Bevölkerung über Jahre konstant. Seit 1998 änderte sich das jedoch rasant. Innerhalb von fünf Jahren ging der Zigarettenkonsum um 21 % zurück und liegt heute auf dem Niveau von 1951, und das bei einer auf das Doppelte angewachsenen Bevölkerung Der Grund des Erfolgs: Bundes- und Staatsregierungen verklagten die Tabakindustrie, durch den Verkauf und die Werbung für Zigaretten den Verbrauchern wissentlich Schaden zuzufügen. Seither ist die Werbung für Zigaretten stark eingeschränkt und staatlich streng überwacht. Hinzu kommt, dass in den USA heute ein flächendeckendes striktes Rauchverbot gilt.

Andererseits wäre z. B. die AIDS-Epidemie in den westlichen Ländern ohne eine schnelle und freiwillige Vorsorgemaßnahmen des Einzelnen (z. B. für den Fall eines Falles immer ein Kondom dabeizuhaben) rasch eskaliert.

In anderen Fällen, wie z. B. bei den Impfungen, greifen Maßnahmen auf der Ebene der Verhältnisse und des Verhaltens ineinander.

Was wirkt vorbeugend?

Wie breit das Spektrum vorbeugender Maßnahmen ist, zeigt ein genauer Blick auf unseren Alltag. Aufwachen, Nachttischlampe einschalten: Der eingebaute Schutzkontakt in den elektrischen Geräten ist heute gesetzlich vorgeschrieben und hat unzählige Stromunfälle verhindert. Ab ins Bad: Das Zähneputzen dient als Vorbeugung gegen Karies. Das dafür verwendete Wasser wird vom Wasserwerk ständig auf Bakterien und Schadstoffe überprüft; die Auflagen sind zum Schutz der Gesundheit strenger als diejenigen, die für abgefülltes Mineralwasser gelten. Das Frühstücksei stammt garantiert aus einem von der Lebensmittelkontrolle geprüften Betrieb. Die Milch ist, ebenfalls zu unserer Sicherheit, pasteurisiert. Im Auto herrscht Gurtpflicht, und für die Funktionsfähigkeit der Bremse sorgt unter anderem der TÜV.

Und der Arbeitsplatz?

Eine große Zahl von Verordnungen des Arbeitsschutzes bestimmt dort inzwischen den zulässigen Lärmpegel, die maximale Schadstoffbelastung und sogar das Bürodesign. Fazit: Sicherheits- und Vorsorgemaßnahmen finden sich praktisch überall. Wenn wir nach der Arbeit zur Vorsorge zum Arzt gehen, nutzen wir also nur einen kleinen Teil der vorbeugenden Maßnahmen.

Maßnahme

Vorgehensweise

Medizinische Vorsorge (Prophylaxe, Prävention)

Maßnahmen, die die Entstehung von Krankheiten verhindern sollen (wie z. B. das regelmäßige Zähneputzen)

Früherkennung

Untersuchung von Menschen ohne Beschwerden, um frühe Formen einer Erkrankung zu erkennen; spielt vor allem bei der Krebsdiagnostik eine große Rolle und wird dort auch als Screeninguntersuchung oder (Krebs-)Vorsorge bezeichnet

Verhältnisprävention

Verhinderung von Krankheiten durch Änderung der Lebensverhältnisse, z. B. durch Vorschriften, Gesetze, bauliche Maßnahmen, staatliche Förderung oder technische Überwachung

Verhaltensprävention

Verhinderung von Krankheiten durch Änderung des individuellen Verhaltens – die Menschen sollen lernen, Gesundheitsrisiken durch einen geeigneten Lebensstil zu vermeiden

Gesundheitsförderung

Stärkung von Kompetenz und Eigenmitteln (Ressourcen), die im Gegensatz zur Vorsorge nicht auf die Verhinderung von Krankheiten, sondern auf die Erhaltung der Gesundheit abzielen

Die Grundbegriffe der modernen Vorsorgemedizin auf einen Blick

Autor*innen

Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | zuletzt geändert am um 21:27 Uhr